Stille Tage ohne iPhone

Im April waren wir für ca. 10 Tage in Italien in Urlaub, kombiniert mit einem Besuch der Ausstellung, die zu Ehren des 10. Todestages von Antonio Wandré Pioli in seinem Heimatort Cavriago veranstaltet wurde. Es waren drei tolle Tage, über die ich an anderer Stelle noch berichten werden (Gitarre & Bass). Eine einschneidende Erfahrung durfte ich jedoch machen, als ich mein iPhone verlor - gleich am ersten Tag in Cavriago. Und als ich merkte, wie groß die innere und äußere Abhängigkeit von diesem Stück Technikwunder doch geworden war. Timer, Notizbuch, Ideen-Recorder, Wecker, Uhr, Erinnerer, Navi, Adressen, Telefonnummern - alles auf einen Schlag weg. Ach ja, und telefonieren konnte ich auch nicht mehr. Bzw. angerufen werden konnte ich nicht mehr. Nachdem ich in leiser Panik sowohl den Wagen als auch den Wohnwagen auf den Kopf gestellt hatte und das iPhone nicht auftauchte, vermutete ich sogar einen Diebstahl (Italien und so...) und gab ich mich dem Verlust hin. Den Diebstahl bei der Polizei anzumelden, war der letzte Akt, in dem zumindest eine gedankliche Verbindung zum mobile phone darstellte (und nebenbei eine Slapstick-Komödie der besonderen Art gewesen war - wie im Film, mit allen Klischees, die man so kennt...) gab ich mich dann endlich dem Verlust hin. Und merkte so nach und nach, was das wirklich bedeutet, nicht ständig online zu sein. Mit dem Bewusstsein im Hier und Jetzt, ohne Anbindung an die globalen Ereignisse, hat sich eine völlig vergessene Qualität des Seins präsentiert, die ich staunend gewähren ließ und nach und nach sogar sichtlich genoß. Ein Stückchen Freiheit, das sich seit einigen Jahren verabschiedet hatte, zeigte sich mir - und es tat mir gut. Ich merkte, dass ohne mein Zutun sich die Welt durchaus noch weiterdrehte, später merkte ich, dass ich nichts Wesentliches verpasst hatte in dieser Zeit der Ahnungslosigkeit, und es reifte in mir der Entschluss: "Nie mehr ein Smartphone!"

 

Nun ist diese Erkenntnis ja nicht neu - es gibt Bücher zu dem Thema, eines von Christoph Koch hatte ich gelesen und für sehr gut befunden. Aber der alltägliche Umgang mit solch einem Gerät, das ich nun als ständigs aktiviertes Interface zur Cyberworld entlarvt hatte, erfordert eine ungeheure Disziplin, soll er dich nicht auffressen. Diese Disziplin kann ich nicht immer aufbringen, deshalb ist der Verzicht auf solch ein Gerät für mich eine gute Sache.

Fast schon traurig war ich, als ein Freund aus Cavriago anrief und mir mitteilte, dass er mein iPhone in seinem Wagen gefunden hatte. Hier war es mir wohl aus der Tasche gerutscht und er hatte es ein paar Tage später erst entdeckt. Er schickte mir das Teil per Express - was übrigens ca. eine Woche dauerte - und auch dann, als ich es wieder in den Händen hielt, war mir klar: Das brauchst du nicht mehr. 

 

Längst habe ich mir ein einfaches Handy besorgt, mit dem ich telefonieren und SMSen kann - mehr will ich nicht, mehr brauch ich nicht. Nicht alles, was der digitale Fortschritt bringt, ist für mich sinnvoll - und ich vermisse vieles von dem, was andere als Old School bezeichnen. Doch es ist nie spät, Ideen und Gefühlen Taten folgen zu lassen, und darin übe ich mich.

Danke iPhone - Dein Verlust hat mir die Augen ein Stück weit geöffnet!

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